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Stellungnahme zur Kerwepuppe

Persönliche Stellungnahme des Bürgermeisters zur Kerwepuppe

Wie in den letzten Jahren war ich beim Kerweumzug und dem Aufstellen des Baums hautnah dabei. Als ich die Kerwepuppe mit dem Schriftzug „Bündnis 90/Die Grünen“ am Kulturhaus gesehen habe, wollte ich es eigentlich erst sportlich nehmen. Die Kerwepuppe gehört zur Tradition und sollte eigentlich eine spaßige Angelegenheit sein. Auf dem Kerweplatz und über das Wochenende wurde ich dann immer wieder auf die Puppe angesprochen und der Tenor war eindeutig: Die Kerweborsch haben eine Grenze überschritten. Vor allem, weil die Puppe zum Ende der Kerb öffentlich verbrannt wird, und diesmal sollte ein Parteiname mitverbrannt werden. Das hat natürlich einen mehr als unangenehmen Beigeschmack, gerade im aktuellen politischen Klima.

Nachdem der Baum stand, sprachen mich viele Menschen an und sagten mir, dass sie nicht mehr auf die Kerb gehen wollen und sich ausgegrenzt fühlen. Bürger:innen beschwerten sich, dass ein Volksfest für die politische Agitation missbraucht würde, viele äußerten sich erschüttert und sehen die Kerwepuppe als Aufruf zu Straftaten. Und in der Tat rief ein Zuschauer, während der Baum aufgestellt wurde: „Sollen sie hängen, die Penner“. Dieser Aufruf macht deutlich, wie eine Puppe mit einem solchen Schriftzug wirkt. Darüber habe ich am Wochenende viel nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass man die Aktion der Kerweborsch nicht einfach sportlich nehmen kann. Im aktuellen politischen Klima darf man keine Hetze gegen Parteien dulden, unabhängig davon, welche Partei betroffen ist.

Die politische Situation hat sich über die letzten Jahre immer weiter aufgeheizt. Bundesweit bekommen Politiker:innen Morddrohungen, nicht nur im Wahlkampf gibt es tätliche Angriff und Attacken. Bürgermeister:innen legen ihr Amt nieder, weil sie bedroht und unter Druck gesetzt werden. Auch in Mörfelden-Walldorf wurden in der Vergangenheit bereits Autoreifen von Kommunalpolitikern zerstochen und tote Tiere vor die Tür gelegt. Ich unterstelle den Kerweborsch nicht, dass sie Hass auf Politiker:innen fördern möchten, aber ihre Puppe kann bereits bestehenden Hass auf Parteien verstärken und die Demokratie weiter in Frage stellen. Der Magistrat hat in seiner regulären Sitzung am Kerwemontag daher lange über den Schriftzug der Puppe diskutiert und letztlich einen Beschluss gefasst:

„Der Magistrat der Stadt Mörfelden-Walldorf verurteilt das Aufhängen und das geplante, öffentliche Verbrennen der Kerwe-Bopp mit der Beschriftung Bündnis90/Die Grünen. Gegen das traditionelle Verbrennen der Kerwe-Bopp ist nichts einzuwenden, solange diese keine Beschriftungen und Symbole von Personen und/oder Organisationen trägt. In der heutigen Zeit, mit der sehr starken Polarisierung von Meinungen und dem Mangel an konstruktiven Gesprächen, droht das Verbrennen der beschrifteten Puppe zu einer weiteren Spaltung bzw. Radikalisierung der Bürger unserer Stadt zu führen“.

Nachdem der Magistrat diesen Beschluss gefasst hat, habe ich vor Ort mit den Kerweborsch diskutiert und anschließend den Schriftzug auf der Puppe übersprüht. In einem Schreiben des Kerweborsch Vereins hatte der Vorsitzende bereits angeboten, die aktiven Kerweborsch aufzufordern, den Schriftzug vor dem Verbrennen der Puppe unkenntlich zu machen. Um weiteren Unmut aus der Bevölkerung zu verhindern, habe ich den Schriftzug sofort übersprüht.

Dass ich hiermit Kritik auf mich ziehe, war mir bewusst. Allerdings zeigen mit einige Reaktionen, dass es richtig war, eine Grenze deutlich zu machen. Denn so konnte man in einem sozialen Medium lesen, dass ich mich jetzt nicht beschweren dürfe, wenn meine Wahlplakate mutwillig zerstört werden. Unser politisches Klima ist bereits so vergiftet, dass ich keine Hetze gegen Parteien dulden möchte, auch nicht als Tradition auf der Kerb. In der Vergangenheit mag das Verbrennen von Puppen, die als Bundeskanzler:innen oder Bürgermeister:innen gekennzeichnet waren, noch als spaßige Aktion durchgegangen sein. Mittlerweile gibt es nahezu täglich Angriffe auf Politiker:innen und Wahlkreisbüros. Wenn auf unserem Kerweplatz dann gerufen wird „Sollen sie hängen, die Penner“ mache ich mir große Sorgen um das politische Klima in unserer Stadt.

Bevor ich den Schriftzug übersprüht habe, hatte ich am Montag das Gespräch mit den aktiven Kerweborsch gesucht und fühlte mich dabei nicht ernst genommen. Man hat mir gesagt, dass der Schriftzug gar nicht negativ zu verstehen sei. Vielmehr ginge es darum, dass die Puppe von oben über die Kerb wache. Der Kerweplatz am Kerwemontag ist sicher nicht der geeignete Rahmen für eine solche Diskussion, daher möchte ich nach der Kerb erneut das Gespräch suchen.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich die Zusammenarbeit mit dem Kerweborsch Verein immer als konstruktiv und respektvoll erlebt habe. Als das Land höhere Sicherheitsauflagen für Umzüge durchsetzte, habe ich mich dafür eingesetzt, eine Lösung für den Kerweumzug und den Faschingsumzug zu finden. Damit es in Zukunft einfacher wird, Sicherheitsauflagen zu erfüllen, wird die Stadt weiteres Absperrmaterial kaufen und für den Kerweumzug vorhalten.

Auch wenn ich nicht dafür bekannt bin, am Kerwemontag durch die Gaststätten zu ziehen, liegt mir die Tradition am Herzen und ich weiß, wie viel das Volksfest für Mörfelden-Walldorf bedeutet. Daher werde ich auch weiterhin gut mit dem Verein zusammenarbeiten.


Thomas Winkler

Bürgermeister