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Stabile Seitenlage ist kinderleicht


Stolz halten Kinder der Kita V Heidelberger Straße Urkunden vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in ihren Händen. Ab heute sind sie offiziell Sanitäts-Zwerge. Denn sie haben erfolgreich an einem Erste-Hilfe-Schnupper-Kurs teilgenommen, der in den Kitas in Mörfelden-Walldorf angeboten wird.

Kinder halten ihre Urkunden vor das Gesicht. Erster Stadtrat Karsten Groß sitzt daneben. Auf dem Bild zu sehen sind auch Mitarbeitende des Deutschen Roten Kreuzes

„Die Kinder lernen auf spielerische Weise, wie sie in Notfallsituationen reagieren können. Je früher man sich mit dem Thema vertraut macht, umso einfacher fällt es sogar Kindern, im Ernstfall zu handeln. Das kann Leben retten“, sagt Erster Stadtrat Karsten Groß. Geleitet wird der Kurs von Klaus Huber (Mitarbeiter des Sport- und Kulturamtes) und Annette Marx (städtische Erzieherin und interne Frauenbeauftragte). Beide sind seit vielen Jahren beim DRK ehrenamtlich aktiv und wissen, wie sinnvoll Erste-Hilfe-Kurse sind.

„Vor einigen Jahren beobachtete ich mit meinem Kind, wie eine Frau auf der anderen Straßenseite stürzte. Da niemand aus der unmittelbaren Nähe half, bot ich sofort meine Hilfe an. Mein Kind fragte danach erstaunt: Warum hast nur du geholfen und die anderen nicht?“, erinnert sich Marx. Dieses Ereignis brachte die Erzieherin auf die Idee, Erste-Hilfe-Kurse auch für Kinder anzubieten. Denn schon kleine Menschen können helfen.

Angebot gibt es seit 2017

Seit 2017 organisiert Marx gemeinsam mit Huber (ehrenamtlicher Ausbilder für das DRK im Kreis GG) die Kurse. Anfangs nur in der Kita II Okrifteler Straße, mittlerweile machen alle 14 städtischen Kitas begeistert mit. Auch freie Träger sind dabei. Meist finden zwei Kurse an einem Tag pro Kita statt. Das Angebot richtet sich speziell an Kinder im Vorschulalter. Die Gruppengröße sollte 12 Kinder nicht überschreiten, erklärt Huber. Ein Kurs dauert rund eineinhalb Stunden. In dieser Zeit erlernen die Kinder die Notrufnummer, einen Notruf abzusetzen, Wundschnellverbände sowie Verbände mit Kompressen und Binden anzulegen. Auch Pflaster werden aufgeklebt sowie die stabile Seitenlage geübt.

Notlagen erkennen

In der Kita V Heidelberger Straße nehmen in der ersten Gruppe sechs Kinder teil. Als Unterstützung haben Marx und Huber die ehrenamtlichen DRK-Helferinnen Anna Cappelle und Anna Schimanski und die Handpuppe Henry mitgebracht. Nach einer Vorstellungsrunde geht es um das Erkennen von Notfallsituationen. Dafür liegt ein Wimmelbild-Teppich mit vielen Situationen auf dem Boden. Die Kinder entdecken einen frierenden Jungen. Doch wieso friert er, obwohl offensichtlich die Sonne scheint? Annette Marx erklärt: Wer einen Sonnenstich bekommen hat, der friert und muss deshalb in eine Decke eingepackt werden. Kita-Kind Lina weiß, dass Sonnencreme und Kappe oder Hut vor der Sonne schützen.

Auf einem anderen Bild wird ein Kind von einer Wespe gestochen. Das kennt Milou aus eigener Erfahrung. Ihre Mutter hatte die Stichwunde schnell gekühlt. „Kühlen ist wichtig, damit sich das Gift nicht im Körper ausbreitet“, bestätigt Marx. „Aber auch eine halbe Zwiebel zieht das Gift aus der Wunde“, ergänzt Huber.

Wer sich am Finger verbrennt, der muss ihn ganz lange unter fließendem Wasser halten. Die Kinder erfahren: Ist eine Verbrennung größer als die Handfläche, geht es ins Krankenhaus. „Die Sanitäter:innen im Rettungswagen sind ganz nett. Es gibt dort auch einen Stuhl und Mutter oder Vater dürfen mitfahren oder eine Erzieherin oder Erzieher, wenn sich der Unfall in der Kita ereignete“, versichert Marx und nimmt damit Ängste.

Notruf einprägen und sich trauen zu telefonieren

Als zweites Thema steht der Notruf auf dem Programm. Um die Situation anschaulich zu machen, fällt Huber vor den Augen der Kinder auf den Boden und weint. Marx erklärt: „Als erstes müsst ihr jetzt fragen: Hast du dir weh getan? Brauchst du Hilfe? Und dann holt man einen Erwachsenen zur Hilfe.“ Doch was passiert, wenn kein Erwachsener in der Nähe ist? Dann dürfen auch Kinder einen Notruf absetzen, erfahren sie.

Die Nummer lautet 112. Nach mehrmaligem Wiederholen, können sich die Kinder die Notrufnummer gut merken. Schwieriger ist der Teil, zu wissen, was man am Telefon sagen soll, wenn sich zuhause ein Unfall ereignete. „Ihr dürft erst auflegen, wenn es Euch am Telefon gesagt wird“, sagt Huber und spielt das Gespräch vor. Damit die Rettungskräfte den Verletzten finden können, müssen die Kinder wissen, wie sie heißen und wo sie wohnen. Das sollen sie mit den Eltern üben.

Geübt wird auch, wie eine wärmende Rettungsdecke verwendet wird. „Der Kopf muss draußen bleiben, der Körper eng eingewickelt werden, damit es warm wird“, erklärt Marx. Alle dürfen das ausprobieren. Weiter geht es mit dem Verbinden von Wunden. Huber fragt, warum man immer Handschuhe anziehen sollte. Ein Junge weiß es und antwortet: „Damit die Wunde nicht dreckig wird“. Alle Kinder lernen nun die richtige Anwendung von Pflastern und Verbänden. „Den Verband nie zu fest umwickeln“, ermahnt Marx und begutachtet die Verbände. Damit es mehr Spaß macht, werden lustige Gesichter auf die Pflaster gemalt.

Stabile Seitenlage erlernen auch Kinder

Am Ende erlernen die Kinder die stabile Seitenlage. Diese kommt zum Einsatz, wenn ein Mensch bewusstlos am Boden liegt. „Wenn jemand nicht mehr antwortet, könnt ihr die stabile Seitenlage anwenden, damit er nicht erstickt“, sagt Marx.

Dass diese Notfallhilfe wirklich kinderleicht ist, können die Kinder selbst erfahren. Mehrmals wird die stabile Seitenlage geübt. Sie merken sich: Der eine Arm wird ausgestreckt, die andere Hand kommt zum Kuscheln ans Kinn, das Knie wird hochgezogen und der Bewusstlose umgedreht. Nach dem Umdrehen kommt das Wichtigste: Den Kopf überstrecken.

Der Kurs hat den Kindern Spaß gemacht und Hemmungen genommen. Huber bedankt sich bei der Stadt. „Ich finde es sehr gut, dass wir für den Erste-Hilfe-Kurs vom Arbeitgeber freigestellt werden. Das ist schon etwas Besonderes.“